Neuigkeiten aus dem Friedensrichteramt - Wesentliche Änderungen der Zivilprozessordnung per 1. Januar 2025
Am 1. Januar 2025 sind Änderungen der Zivilprozessordnung in Kraft getreten, welche das Schlichtungsverfahren stärken. Die Revision ist für die Arbeit der Friedensrichterinnen und
Friedensrichter von grosser Relevanz. Nachfolgend werden die für das Schlichtungsverfahren wesentlichen Änderung gen vorgestellt.
Weiterleitung bei Unzuständigkeit (Art. 63 Abs. 1 und 143 Abs. 1 bis ZPO)
Neu ist die Weiterleitung von irrtümlich beim unzuständigen Friedensrichteramt eingereichten Schlichtungsgesuchen wieder möglich. Die Rechtshängigkeit bleibt gewahrt. Selbstverständlich ist vor einem Nichteintretensentscheid und vor Weiterleitung einer Eingabe das rechtliche Gehör zu wahren.
Einsatz elektronischer Mittel zur Ton- und Bildübertragung (Art. 141a und 141b ZPO)
Erstmals wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen, die es erlaubt, auch Schlichtungsverhandlungen per Videokonferenz durchzuführen Zwingende Voraussetzung ist das Einverständnis aller beteiligten Parteien (Art. 141 a Abs. 2 ZPO). Bei der Vorladung zu einer Schlichtungsverhandlung mittels Videokonferenz ist der neu formulierte Art. 133 Iit. d ZPO zu beachten.
Keine Unterhaltsklagen mehr (Art. 198 lit. bis ZPO)
Sachlich nicht mehr zuständig sind die Friedensrichterämter für Klagen über den Unterhalt von minder- oder volljährigen Kindern und weitere Kinderbelange. Solche Klagen sind künftig direkt ans Gericht zu richten.
Zusätzliche Zuständigkeiten (Art. 198 lit. f und Art. 199 Abs. 3 ZPO)
Neu sind die Friedensrichterämter im Kanton Zürich auch für Streitigkeiten sachlich zuständig, die bisher in die ausschliessliche Zuständigkeit des Handels- oder Obergerichts fielen (vgl. Art 5 Abs. 1, Art 6 und 8 ZPO). Konkret betrifft dies insbesondere handelsrechtliehe Streitigkeiten, aber auch Streitigkeiten betreffend geistiges Eigentum (ausser in der Zuständigkeit des Bundespatentgerichts), Kartellrecht, unlauterer Wettbewerb und noch einiges mehr. Diese neuen Zuständigkeiten der Friedensrichterämter sind fakultativ. Es bleibt somit möglich, solche Klagen direkt am Handels- oder Obergericht einzureichen. Neu wird in diesen Fällen durch Einreichung eines Schlichtungsgesuchs Rechtshängigkeit begründet und der Lauf von Verjährungsfristen unterbrochen. Scheitert die Schlichtungsverhandlung, wird die Klagebewilligung zur Einreichung der Klage am Handels- oder Obergericht ausgestellt.
Persönliches Erscheinen von juristischen Personen (Art. 204 Abs. 1 und 3 lit. a ZPO)
Juristische Personen erfüllen die persönliche Erscheinungspflicht durch ein Organ oder eine Person, die mit einer kaufmännischen Handlungsvollmacht ausgestattet, zur Prozessführung sowie zum Abschluss eines Vergleichs befugt und mit dem Streitgegenstand vertraut ist. Das Recht, sich vertreten zu lassen, besteht nun auch ausdrücklich bei ausserkantonalem oder ausländischem Sitz.
Persönliches Erscheinen bei mehreren Parteien(Art. 204 Abs. 3 lit. d ZPO)
Notwendige oder einfache Streitgenossenschaften erfüllen die persönliche Erscheinungspflicht, wenn aus ihnen mindestens eine Person persönlich erscheint, die befugt ist, die anderen zu vertreten und einen Vergleich in deren Namen abzuschliessen
Ordnungsbusse bei Säumnis (Art. 206 Abs. 4 ZPO)
Neu kann eine im Schlichtungsverfahren säumige Partei mit einer Ordnungsbusse von bis zu CHF 1 '000.- bestraft werden. Im Gegensatz zur weiterhin möglichen Ordnungsbusse nach Art. 128 ZPO, sind für die Säumnisbusse keine besonderen qualifizierenden Umstände (Störung des Geschäftsgangs, bös- oder mutwillige Prozessführung) erforderlich. Auch die Säumnisbusse ist vorgängig anzudrohen, z.B. mit
der Vorladung (vgl. Art. 147 Abs. 3 ZPO).
Entscheidvorschlag bis zu einem Streitwert von CHF 10'000.- (Art. 210 ZPO)
Der «Urteilsvorschlag» heisst neu «Entscheidvorschlag». Die Schlichtungsbehörde kann in vermögensrechtlichen Streitigkeiten neu bis zu einem Streitwert von CHF 10'000.- den
Parteien einen Entscheidvorschlag unterbreiten. Bis zu einem Streitwert von CHF 2'000 kann nach Art. 212
ZPO auf Antrag weiterhin ein Entscheid gefällt werden.
Festlegung von Gerichtskosten und Parteientschädigung beim Entscheid (Art. 212 Abs. 3 ZPO)
Der neue Absatz 3 von Art. 212 ZPO hält ausdrücklich fest, dass die Schlichtungsbehörde im Entscheidfall die Gerichts kosten und die Parteientschädigung festlegen muss.
Übergangsbestimmungen (Art. 407f ZPO)
Bei Schlichtungsgesuchen, die noch im Jahr 2024 eingereicht werden, aber nicht mehr vor dem Jahreswechsel ab geschlossen werden können, gilt: Die meisten Bestimmungen sind ab dem 1. Januar 2025 sofort anwendbar. Art. 98 ZPO und Art. 204 ZPO sind hingegen nur für Schlichtungsverfahren anwendbar, die ab dem 1. Januar 2025 anhängig gemacht werden. Siehe Art. 407f und 404 ff. ZPO.
Der Friedensrichter
Enrico Denicolà